Die Tapisserien
- 133 PISSENDER KNABE MIT WOLKENKRATZER
- Tapisserie,
- 1952
Der Gobelin, den ich 1952 in Wien webte, entstand nur dadurch, weil ich mit den Webern
Riedl und Schidlo eine Wette abgeschlossen hatte, und zwar behaupteten die beiden, man kann
einen Gobelin nur nach einem Karton weben, also nach einer Unterlage in der Größe
des Kartons selbst. Ich behauptete, man kann einen Gobelin weben auch ohne solche Vorkehrungen,
ohne Karton. Da ich insistierte, brachte ich die beiden dazu, mir einen Webstuhl zu borgen.
Ich habe den Webstuhl selber durch die Stadt geschleppt, ich glaube mit einem Handwagen,
die beiden Weber haben mir geholfen, den Webstuhl aufzustellen, haben mir Wolle geborgt
und dann begann ich zu weben. Ich wunderte mich, wie lange das dauerte, ich konnte jeden Tag
nur ein paar Millimeter in die Höhe kommen, also nur ein paar Millimeter weben.
Das war deshalb, weil man mit dem Kamm-Hammer immer die Wolle in die Kette zusammenschlagen muß,
dadurch werden aus 10 cm nur 1 oder 2 Millimeter. So habe ich mich langsam emporgearbeitet an dem
Gobelin, und es dauerte 6 Monate, wo ich von 8 Uhr früh bis 8 Uhr abends ununterbrochen
daran arbeitete. So viel habe ich noch nie in meinem Leben gearbeitet. Ich begann mit den
Zehen, daraus wurde dann ein Hosenbein, rechts daneben ein Haus, und während man so webt,
denkt man immer, was als Hintergrund oder darüber sein könnte. Da ich mit einer
Hose beginn, muß natürlich ein Körper, Arme und zum Schluß ein Kopf
kommen, im Hintergrund eben Fenster, wenn man schon Fenster macht, muß das Ganze ein
Dach bekommen, und so brachte ich den Gobelin fertig und habe eine Wette gewonnen.
Hundertwasser